Tach
Teil 1
Für wen und warum?
Dieser Thread ist denen gewidmet, welche gerne größere Projekte bauen, bauen möchten. Er richtet sich auch an solche, die diesbezüglich zögern, weil ihnen davon abgeraten wird. Er spricht auch solche an, welche an solchen Projekten gescheitert sind. Dieses Thema ist so alt wie EEP und keimt immer wieder mal am Rande auf. Ich möchte in diesem aber mal einen eigenen Thread widmen, bei denen die erfolgreichen „Großbauer“ auch Tipps, Anregungen und ihre Erfahrungen loswerden können, sodass Großbau-Neulinge (nicht unbedingt EEP-Neulinge) in diesem Bereich eine Starthilfe bekommen. „Kleiner ist besser“ (eine gerne gewählte, typische Pauschal-Phrase) ist hier (in diesem Thread) fehl am Platz, denn weder klein noch groß ist besser – beides ist anders. Beides hat seine Reize, seine Vor- und Nachteile. Und hier soll es um das Große als Bauphilosophie gehen.
Auf die Größe kommt es an
EEP ist dazu prädestiniert, Anlagen in einer Größe und in einem Umfang zu verwirklichen, die bei einer echten Modellbahn unmöglich umsetzbar sind. Und gerade dies möchten viele nutzen. Doch ab wann ist eine Anlage eigentlich groß? Das ist natürlich sehr relativ und auch subjektiv. Subjektiv weil abhängig von der Bauphilosophie des Erbauers. Für jemanden der bevorzugt auf 2 – 5 km² Fläche baut sind 10 – 20 km² schon fast riesig. Andere lachen darüber und geben sich mit unter 50 km² erst gar nicht ab. Deshalb werde ich mich auch nicht diesbezüglich festlegen, dies sollte jeder für sich selbst tun.
Mit meinen zurzeit relativ bescheidenen 14 km² würde ich meine Anlage nicht als riesig bezeichnen. Größer wird sie aber nur deshalb nicht, weil ich leider bei gut 240 Knoten / Km das Limit von 800.000 Knoten erreicht habe. Gäbe es dieses Limit nicht bzw. wäre es deutlich höher, wäre meine Platte auch mindesten doppelt so groß und diese Fläche würde effektiv von mir genutzt. Ich zähle mich deshalb durchaus zum Typ „Großanlagenbauer“.
Die pauschal ungesunden Großanlagen
Ich runzele mir immer die Stirn wund, wenn ich lese, wie regelmäßig bei dem Thema Anlagengröße pauschal von relativen Großprojekten abgeraten wird – und dies auch schon, wenn es erst mal nur um die Größe der Platte geht! Es wird pauschal davon abgeraten ohne den potenziellen Anlagenbauer zu kennen und auch nicht seine genaue Bauphilosophie und Themenauswahl. Und auch wider besseren Wissens, dass es faktisch etliche Leute gibt, die erfolgreich große Projekt bauen. Stattdessen wird dann auf „besser mehrere kleine“ Anlagen verwiesen, was aber unlogisch ist, denn digital-physikalisch sind mehrere kleine Anlagen nichts anderes als ein große. Diesbezüglich liegen keine anderen Gesetzmäßigkeiten vor als bei einer echten Modellbahn.
Viele haben die leidliche Erfahrung machen müssen, dass Großprojekte zum Scheitern verdammt waren – so auch ich. Und so schimmeln viele Hundert Stunden Arbeit in nie vollendeten Anlagen, die ihr Dasein nun in einem Archiv-Ordner fristen. Außer Erfahrung kann man da nichts mehr rausziehen. Es ist sehr sinnig, darauf hinzuweisen und vor den möglichen Folgen zu warnen. Doch deshalb pauschal davon abzuraten, so etwas anzugehen, ist nicht sinnig. Doch immer wieder wird Letzteres gemacht (eine nicht böse gemeinte Feststellung).
Das Gift
Hierbei sollte man aber die Ursache des Scheiterns ermitteln und erkennen – und dies hat in der Regel überhaupt gar nichts mit der Größe der Anlage zu tun. Es kann natürlich verschiedene Ursachen haben, die individuell sein können und dies jeder selbst für sich analysieren muss. Doch in den meisten Fällen, so behaupte ich, ist dieses Scheitern psychologischer Natur, was aus einer taktisch falschen Bauweise resultiert. Es ist dann der typische Standardfehler, gefühlte Tausend Ideen umsetzen zu wollen und dann nacheinender viele Baustellen zu eröffnen, ohne eine wirklich vorzeitig zu beenden. Es gibt auch die Ausnahmen , die dies können und nicht scheitern – aber für die meisten dürfte genau dies der Knackpunkt sein. Man hat dann eine riesige Baustelle vor Augen. Es wird einem bewusst, was noch an immenser Arbeit darin steckt und kein Ende ist in Sicht. Und man ist frustriert. Man gibt auf und eröffnet ein neues Projekt, kleiner und überschaubarer. Und das war es dann mit dem Großprojekt. Schade … man hätte so viel daraus machen können.
Das Gegengift
Dieses Problem lässt sich – zumindest theoretisch – einfach beheben. Wenn das Anlagenthema dies zulässt (von Einzelfällen abgesehen sollte dies so sein), lässt sich dieses Thema in etliche Einzelthemen aufteilen, die theoretisch unabhängig voneinander, als einzelne Bereiche (gewissermaßen kleine Anlagen) existieren könnten. Man betrachte diese einzelnen Bereiche erst mal quasi als einzelne Module, die man Stück für Stück baut. Man widmet sich max. 2 Modulen (2, um ggf. etwas Abwechslung zu haben, ich tendiere aber eher zu einem) und baut dies konsequent zu Ende! Die anderen Module sind solange tabu und man lässt die Finger davon. Eventuell kann dabei psychologisch auch die gern gegebene Empfehlung helfen, die Platte nicht direkt in voller Größe zu erstellen, sondern diese erst Stück für Stück (Modul für Modul) bei Bedarf zu erweitern. Dies verringert eventuell die Versuchung, doch vorschnell an anderer Stelle eine weitere Baustelle zu eröffnen (wobei dies auch kein Hinderungsgrund ist, wenn die Konsequenz verliert).
Ich empfehle auch, so weit es denn machbar ist, diesen einzelnen Modulen dann auch einen, vielleicht sogar vollständigen Zugverkehr zu verpassen. Hat man so ein, respektive das erste Modul fertig, hat man es im Prinzip schon mit einer vollwertigen – und fertigen (!) – Anlage zu tun. Alles, was danach kommt, ist eine Erweiterung. Die Anlage kann weiter wachsen, Modul für Modul. Sie wird aber nie als unbrauchbar unvollendet enden, denn sie beinhaltet schon (mindestens) ein fertiges Modul und somit eine fertige Anlage. Und das Betrachten dieser fertigen Anlage, mit vollem Zugverkehr, kann dann sehr motivierend wirken, die anderen Module zu erbauen.
Das funktioniert, auch hier spreche ich aus Erfahrung. Seit meinem „Großstadtbahnhof“ schaffe ich es so problemlos (seit dem zum ersten Mal!) „fertige“ Anlagen zu bauen, während ich früher chronisch an sämtlichen (8 Großanlagen) gescheitert bin. Und mit diesem Bewusstsein habe ich auch keine Bedenken mehr, große Projekte zu starten. Der einzige limitierende Faktor ist für mich hierbei die begrenzte Knotenzahl von 800.000, die ich immer voll nutze.
Problematisch kann es ggf. werden, wenn ein einzelnes Modul schon so groß ist, dass Frust und Ungeduld auftreten, weil die Arbeit daran sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Man möchte endlich fertig werden, um sich den neuen Ideen des nächsten Moduls zu widmen. Da sollte man sich überlegen solche großen Module (mit großen Einzelthemen) einzubeziehen oder besser darauf zu verzichten. Oder man versucht, dieses Einzelthema auch wieder in verschiedene kleine aufzuteilen, diese Stück für Stück zu bauen und es offen lassen, ob man es dann wirklich komplett ausbaut oder es zu einem späteren Zeitpunkt weiter ausbaut.