Meine historische Anlage „Die Schellfischbahn“, die im Altonaer Fischereihafen in den frühen 1930er Jahren spielt, ist mittlerweile im Shop und einige von euch haben wohl schon erste, offensichtlich recht positive Erfahrungen mit dem manuellen Betrieb der Züge auf dieser Anlage sammeln können.
Beim Thema „Automatik oder Handbetrieb“ von EEP-Anlagen scheiden sich ja bekanntlich die Geister. In der Real-Modellbahnszene gilt Vorbild-orientierter (Hand-)Betrieb zwar als die „Königsdisziplin“, doch scheint diese Form bei den EEPlern noch nicht so recht angekommen zu sein, was vielleicht auch an der (noch) fehlenden Möglichkeit liegt, die eigene gebaute EEP-Anlage mit Freunden zu „teilen“ und einzelne Abschnitte der Anlage, quasi im „Clubmodus“, von mehreren vernetzten Laptops aus gleichzeitig zu steuern.
So habe ich einmal überlegt, was denn wenigstens für einen „Lonely Wolf“ an seinem Computer an Handbetrieb zumutbar und möglich ist und was für eine Anlagenform dazu passen könnte. Optimal geeignet erschien mir dafür ein Mischbetrieb aus (meist) manuell gesteuerten Rangierfahrten und automatisch ablaufendem Zugbetrieb auf der Strecke zu sein, wofür mir ein Rangierbahnhof mit einer Anzahl angeschlossener Ladestellen besonders geeignet erschien.
Dadurch war die Idee der Nachbildung der Schellfischbahn, jenes ausgedehnten Gleisnetzes am Hafenrand des (Hamburg-)Altonaer Fischereihafens, des seinerzeit größten Fischereihafens in Deutschland, geboren.
Fast überflüssig zu erwähnen, dass Straßen- und Schiffsverkehr weiterhin vollautomatisch ablaufen. Für die Abwicklung des Bahnverkehrs habe ich mir jedoch überlegt, ein Frachtkarten-System wie es ähnlich im FREMO (Freundeskreis europäischer Eisenbahnfreunde) benutzt wird, und ich es ebenfalls in ähnlicher Form bei meiner LGB-Kelleranlage einsetze, zu erstellen.
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Diese Frachtkarten, auf denen jeweils ein Fahrtauftrag für eine Rangierfahrt zu einer auf der Anlage befindlichen Ladestelle formuliert ist (bzw. ein Fahrtauftrag von einer Ladestelle zurück in den Rangierbahnhof), sind der Anlage in der Resourcen- Doc als „Spielregeln“ im .pdf- Format beigelegt und können heruntergeladen und ausgedruckt werden.
Wer meiner Empfehlung, das Blatt mit den blauen (für vormittags), gelben (für mittags) und roten (für abends) Frachtkarten zu zerschneiden, nicht folgen möchte, muss dies natürlich nicht tun, sondern kann die dort genannten Fahrtziele auch lediglich als Anregung nutzen, die der Anlage beigegebenen Waggons sinnvoll einzusetzen.
Einen ungefähren Überblick, wo sich welche Ladestellen auf der Anlage befinden, verschafft dabei die benummerte Übersichtszeichnung am Anfang der „Spielregeln“.
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Wem selbst dies noch zu viel Aufwand ist, sollte wenigstens die nachfolgende, auf authentischen Unterlagen fußende Beschreibung des seinerzeitigen Betriebes verinnerlichen, um seine Züge noch halbwegs sinnvoll über die Anlage zu bewegen:
„In den frühen Morgenstunden landete der Fisch an. Ein Großteil wurde sofort gewogen, verpackt und in die am Abend zuvor bereitgestellten Kühlwagen verladen. Am Vormittag müssen die Wagen vorsortiert und gruppenweise in Zügen mit maximal 10 Waggons nach oben befördert werden. Dort, im Norden Altonas werden die Fisch- Ganzzüge zusammengestellt und fahren rasch nach Süden ab.
In den übrigen Zeiten werden die Rangierfahrten zu den anderen Ladestellen abgewickelt.
Bei Fahrten von Altona nach dem Kai muss die Lokomotive sich stets vorne befinden, bei Fahrten vom Kai nach Altona wird stets geschoben.“
Der elektrische Fahrdraht hing nur über einem Teil des Rangierbahnhofs, weshalb die elektrischen Zuglokomotiven nur abschnittsweise für Rangieraufgaben benutzt werden konnten.
In der Anlage sollte die Ellok also bis zur nächsten Zugfahrt in einem Stumpfgleis in der Nähe von „Hedrichs Dampfmühle“ abgestellt werden.
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Hierzu ist allerdings noch ein beschrankter Bahnübergang zu überqueren, dessen Schranken sich zwar automatisch senken und heben, dies aber vorbildgetreu (da hier nur Rangierabteilungen durchkommen) erst nach einiger Zeit geschieht. Deshalb sollten alle, diesen Bahnübergang passierenden Loks und Rangierabteilungen kurz anhalten und warten, bis die Schranken vollständig geschlossen sind.
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Wird in der Anlage im Rangierbahnhof rangiert, sollte dies nicht in den zur Steigung und zum Schellfischtunnel hin zeigenden, über den beschrankten Bahnübergang am Stellwerk Aho vorbei führenden Gleisen geschehen, da hier die benötigten Automatik-Kontakte verbaut sind. Da alle Rangiergleise aber auch mit den zum Hafen führenden Gleisen verbunden sind, in denen keine störenden Kontakte liegen, können hier nach Herzenslust alle erforderlichen Rangierbewegungen manuell gesteuert ausgeführt werden.
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Alle Ladegleise an den Kaianlagen und bis hin zur alten Fischauktionshalle an der Stadtteilgrenze zu St. Pauli sollten (wie auch in der Wirklichkeit bis ca. 1960) den Dampfloks der BR 74 und 94 vorbehalten bleiben, die bis 1949 noch von den kleinen elektrischen Schlepplokomotiven der Altonaer Hafenschleppbahn unterstützt wurden, deren Oberleitungsnetz aber nicht mit dem Netz der Reichsbahn verbunden war.
Umgekehrt wurde wegen der Rauchgase der Schellfischtunnel meist nur von mit den Elloks geschobenen oder gezogenen Zügen befahren, während die Dampfloks im Hafenbereich verblieben und lediglich zum Bekohlen ins Betriebswerk (Altona oder Eidelstedt) durch den Tunnel fahren mussten.
Wenn 8-10 Waggons in den (elektrifizierten) Ausfahrtgleisen des Rangierbahnhofs zusammengekommen sind, sollten diese von der Ellok übernommen und alsbald die Rampenstrecke hochgedrückt werden.
In der Anlage mitgegeben wurde die E73 05. Ihre etwas anders aussehende Schwesterlok E73 06, die hier in Altona ebenfalls eingesetzt war, ist im Shop erhältlich (JW30057) und eine gute Ergänzung des Lokbestandes der Anlage.
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In der Anlage wird dazu die am Ausfahrtstellwerk Aho lehnende rechteckige rote Halt-Scheibe (Sh2-Signal) mit der Maustaste angeklickt, die hier die Schrankenautomatik auslöst. Sind die Schranken geschlossen (und natürlich die Weichen richtig gestellt), sollte der Zug im Automatikmodus etwas beschleunigt werden (auf etwa 10 km/h).
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Den Rest übernimmt die automatische Steuerung, die auch dafür sorgt, dass die Lok nach kurzer Zeit mit einer anderen Wagengarnitur zurückkehrt, die nach dem Anhalten im Rangierbahnhof, dem Abkuppeln der Ellok und ihrem Vorrücken ins Stumpfgleis von den Dampfloks im nicht elektrifizierten Teil auseinander rangiert und gruppiert und nach einiger Zeit gemäß den Angaben auf den Frachtkarten zu den einzelnen Ladestellen rangiert werden können.
Wer zu all diesem immer noch keine Lust hat, kann aber auch den am Ende des 10-minütigen Automatikbetriebes eingefahrenen Zug einfach rückwärts wieder die Rampe zum Schellfischtunnel hochdrücken (Das Einschalten des Automatikmodus sowie das Schließen der Schranke nicht vergessen) und einfach abwarten, bis der nächste Zug aus dem Schellfischtunnel erscheint und in den Rangierbahnhof einfährt, u.s.w.
Umgekehrt kann jeder aber auch über die mitgegebenen Rangiermöglichkeiten hinausgehen und zusätzliche oder gänzlich eigene „Aufträge“ entwickeln, die dann erledigt werden können. Neue Fahrzeuge sollten so aufgegleist werden, dass ihre Vorderseite stets Richtung „Neumühlen“ zeigt, dann geht das Entkuppeln auch mit der Tastatur und gänzlich ohne eingeblendete Arbeitsfenster leichter von der Hand.
Auch der Schattenbahnhof „Tu“ am hinteren Anlagenrand lässt sich natürlich auch manuell betreiben, wenn man die Kontakte, die bei der Einfahrt eines Zuges in sein Abstellgleis die Ausfahrt aus einem anderen Abstellgleis freigeben, entfernt.
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„Tu“ hieß übrigens der Aufsichtsbezirk neben dem Bahnhof (Hamburg-) Altona, der für die Strecke durch den Schellfischtunnel bis hin zum Stellwerk Aho verantwortlich war.
Wer seine Anlage ganz wie eine Modellbahn betreiben will, kann aber diesen Bahnhof auch als reinen „FiddleYard“ benutzen, hier lediglich die Waggons ohne Lok abstellen und wie beim Vorbild je nach Bedarf die E73 05 oder E 73 06 heranrangieren, um die benötigten Waggons zum Hafen zu befördern.
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Mit der Herausgabe dieser Anlage sind nunmehr eineinhalb Jahre Recherche- und Bautätigkeit zu einem hoffentlich akzeptablen Abschluss gelangt, und ich freue mich schon auf die nächste größere Herausforderung einer weiteren geplanten historischen Anlage, die den alten, direkt vor dem Holstentor gelegenen Hauptbahnhof der Hansestadt Lübeck um 1900 zum Thema hat.
Doch dazu zu gegebener Zeit mehr…
Jörg (JW3)